
Wachsende Bedrohung durch Kartoffelschädlinge
Der Kartoffelkäfer Leptinotarsa decemlineata tritt häufig in Deutschland auf, während der als Quarantäneschädling eingestufte Kartoffelerdflohkäfer (Epitrix spp.) hierzulande bislang noch nicht nachgewiesen wurde. Während ersterer seit Ende des 19. Jahrhunderts erhebliche Ernteeinbußen in ganz Europa verursacht, breiten sich die Epitrix-Arten erst seit Anfang dieses Jahrhunderts von Südeuropa kommend nach Norden aus. Die Regulierung der beiden Schadinsekten gestaltet sich zunehmend schwierig. Der Kartoffelkäfer weist immer mehr Resistenzen gegen insektizide Wirkstoffe auf und die Epitrix-Arten werden mit Insektiziden nur schwer erreicht, weil ihre Larven geschützt im Boden leben. Der Züchtung resistenter Kartoffelsorten kommt somit zur Verbesserung der Pflanzengesundheit und Sicherung der Erträge eine entscheidende Rolle zu.
Forschungsverbund zur nachhaltigen Schädlingsregulierung
Ziel des über die Ackerbaustrategie 2035 geförderten Verbundprojekts „LEADER“ war es, durch Berücksichtigung von Wildkartoffelarten die Biodiversität zu erhöhen und eine Verbesserung der Pflanzengesundheit und Resistenz zu erreichen. Zur Entwicklung resistenter Kartoffelsorten stand ein neuartiges integratives Verständnis der komplexen Mechanismen der Schädlingsresistenz im Fokus. Dazu wurde die Expertise von Züchtungsforschung und Metabolitenanalyse (Julius Kühn-Institut), Biostruktur und -mechanik (Technische Universität Dresden) sowie Insektenzucht und Biotests (BTL Bio-Test Labor GmbH) zusammengeführt.
Diverse Forschungsaktivitäten zur pflanzlichen Abwehr
Insgesamt wurden mehr als 200 Kartoffel Wild-, Zucht- und Kreuzungslinien phänotypisch auf Resistenzen gegen die Schadinsekten untersucht und genetische, biochemische und biomechanische Analysen durchgeführt. Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit wurde der Einfluss von Genen, bioaktiven Inhaltsstoffen und Oberflächen- und Blatteigenschaften sowie deren Kombination auf die Resistenzeigenschaften der Kartoffelpflanzen bestimmt, um im Idealfall durch Pyramidisierung verschiedener Resistenzmechanismen eine stabilere Resistenz zu erzielen.
Überraschendes Ergebnis der biochemischen Untersuchungen war, dass Wildarten wie Solanum bulbocastanum bioaktive Substanzen wie Solamine in größeren Mengen produzieren, die sowohl den Käferfraß als auch die Infektion durch Krautfäule-Erreger hemmen.
Die biomechanischen Untersuchungen offenbarten eine große Diversität an Strukturen mit großem Potential an mechanisch vermittelter Resistenz. Die Analysen und eine Material- und Bilddatenbank liefern Daten zur Blattoberflächenstruktur und deren Einfluss auf die Schädlingsabwehr.
Mit der Etablierung von Nachweis- und Zuchtmethoden sowie von Biotests zur Resistenzbewertung der beiden Kartoffelschädlinge wurde seitens des Wirtschaftspartners die Basis für weitere Forschungsarbeiten geschaffen.
Ausblick
Mit seinen Methoden und Erkenntnissen ebnet das Projekt den Weg für nachhaltige Pflanzenschutz- und Züchtungsstrategien der Kartoffel, die angesichts neuer Bedrohungen wie der Schilf-Glasflügelzikade dringend benötigt werden.